Volkswagen Käfer

vw-kaferKrabbler-Kunde ist ein kompliziertes Fach. Cal-Look, Resto-Cal oder vielleicht doch Old School? Ein Studium mit dem Schwerpunkt 11 Käfer-Stilkunde: Von der Klassik bis zur Moderne“ wurde nicht angeboten, und so entschloss sich Matthias für die Medizin. Fortan wurden Käfer-Stilfragen in der heimischen Werkstatt ausdiskutiert. „Am Anfang wusste ich nicht, wohin mich meine Schrauberei führen würde.

Ich hatte ein paar feste Eckdaten im Kopf, wollte zum Beispiel keinen reinen Cal-Looker bauen. Es sollte eine bunte Mischung werden.“

Und soviel vorab: Der Müller-Mix ist gelungen.

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Seine ersten Erfahrungen zum Thema „Käfer-Kunde“ sammelte Matthias an einem Mex, Baujahr 1984. „Ich hatte damals einen Audi Ur-Quattro, der wurde mir aber mehrmals in Folge aufgebrochen. Da musste etwas weniger Auffälliges her.“ Ganz so unscheinbar blieb der Mexiko-Käfer dann aber doch nicht. Bereits nach wenigen Wochen waren eine Puma-Achse, neue Drehstäbe und eine Kerscher-Bremsanlage an der Vorderachse eingebaut. Der Mexikaner wurde auf Porsche-Füchse gestellt, was eine Umrüstung auf einen 5er Lochkreis notwendig machte.

1997 bekam der Student aus Tutten dorf Lust auf mehr. Diesmal sollte es eine Total-Restauration sein. Das Projekt „Stranger“ wurde angegangen, der Mex zur Schlachtbank geführt und bis auf wenige Ausnahmen in Einzelteilen verkauft. Als Basis für den Neuanfang organisierte sich Matthias erneut ein Mexiko-Chassis, Baujahr ’84. Nachdem zwei neue Bodenhälften eingeschweißt waren, nahm sich der Käfer-Chirurg der Hinterachse an. „Die Pendelachse mit den problematischen Fahreigenschaften musste rausfliegen. Außerdem war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass der Käfer mit einem Typ-4-Motor befeuert werden sollte. Und die Mehrleistung will natürlich auch auf die Straße gebracht werden.“ Konsequenz: Eine Schräglenker-Hinterachse musste her. Als Spender fand sich ein 1303. Die Achse wurde gestrahlt, lackiert, mit neuen Lagern ausgerüstet und auf die eingeschweißten Schräglenkeraufnahmen gesetzt. Diese Gründlichkeit erfuhr auch der Rest der Bodengruppe. Matthias erneuerte sämtliche Verschleißteile und sparte auch nicht an spritzbarer Nahtabdichtung und Lack. Ein modifiziertes AT-Getriebe (mittlere Übersetzung), Kerscher-Bremsanlage (Scheiben) rundum, Vorarbeiten für die Fuchs-Felgen (5er-Lochkreis), Koni-Dämpfer, Tieferlegung durch verstellte Drehstäbe und Puma-Vorderachse komplettierten die Arbeit an der Bodengruppe.

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In Sachen „Häuschen“ stand zunächst ein Baujahr ’62 bis ’63 zur Debatte. Über eine VW-Scene-Anzeige gelangte Matthias an einen 56er Aufbau, „Ovali“-Zeiten brachen an. Dieser Teilabschnitt der Restauration sollte eine Mischung aus High-Tech und Originalität ergeben. Die Wiederherstellung des Häuschens hatte es in sich, bis auf den Dachbereich und den Vorderwagen war so ziemlich alles über- bzw. durchgestrahlt. Der Vorbesitzer hatte den Sandstrahler wohl mit einem Sandkastenspielzeug verwechselt. So kam das eine oder andere Reparaturblech zum Einsatz. Die Kofferraum-Haube ließ sich der Student sogar direkt aus Kalifornien einfliegen: „Die alte war nicht mehr zu retten!“ Der Ami-Import verlor seinen Griff, die Löcher wurden fachmännisch „gestopft“. In Sachen Ausstattung war das Häuschen mehr als unvollständig. Keine Spur von Winkern oder Armaturenknöpfen. Matthias blies zur Jagd auf Teilemärkte. Sein Anspruch: Das Armaturenbrett sollte mit Originalteilen aufgefüüt werden, der 56er-Look erhalten bleiben. Aus Platzmangel wanderte das Zündschloss auf die linke Seite – Porsche-Style für den Kugel-Bruder.
Das elektronische Herz verpflanzte der Medizinstudent unter die Rücksitzbank. Die Zentral- elektrik samt Siche-rungsleiste und  Relais stammt aus einem 98er Passat.

Darüber sitzt das Radio (Achtung: Fernbedienung nicht verlieren!). Die Endstufe ist im Kofferraum versteckt. Elektrische Fensterheber runden das High-Tech-Interieur ab. Die Recaro-Sitze sind mit einer Leder/Alcantara-Kombination überzogen, der Himmel dagegen mit Vlies aus Benz-Town.

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Die Beleuchtung war ein Zugeständnis an die Kollegen vom TÜV.

Die Winker erwiesen sich als nicht ausreichend „richtungsweisend“, zusätzliche Blinker als nötige Ergänzung. Aus diesem Grund griff Matthias auf amerikanische Scheinwerfer (Rossi-Lights) und Rückleuchten zurück, die Aussparungen für das Standlicht wurden mit Blinklichtern bestückt.

Ein 1700er Bus-Motor fungierte als Spender für den „Müller-Typ-4“. Bis auf die Kurbellwelle und das Gehäuse wurden aber auch hier nur Neuteile verbaut. Den Feinschliff besorgte Willibald. Eine 2960- Nockenwelle gibt den 41er Einlass- und den 36er-Auslassventilen den Takt an. 96er Kolben, Bus-Zylinderköpfe (2-Liter-CU), Verdichtung 8,9:1, 40er Weber-Doppelvergaser, Ahnendorp-Auspuff… Operation gelungen, Patient strebt mit 117 PS vorwärts.

Nachdem zwei Jahre ins Land (und 10.000 Zigaretten durch-) gezogen waren, konnte der Müller-Käfer endlich auf Porsche-Füchse gestellt werden. Das Projekt „Stranger“ war eingesti(e)lt. Womit wir wieder bei der Stilfrage wären. Ob gewollt oder ungewollt: Das äußere Erscheinungsbild erinnert stark an den Cal-Look der frühen Siebziger, als kreischendes Pink und kühles Mint dieser Stilrichtung noch fremd waren. Bei Technik und Interieur hat Matthias andere Wege beschritten. Vielleicht konnte der angehende Mediziner auf diese Weise einem alten Kult neues Leben einhauchen. So jedenfalls ist der Cal-Look fit für das nächste Jahrtausend.

Typ: 1, 56er Aufbau, 84er Chassis • Motor: Typ 4 • Hubraum: 1910 ccm • Nockenwelle: BAS; 2960 • Zylinderköpfe: vom 2-Liter-T3 • Maße Ventile: EL 41 mm/AL 36 mm • Vergaser: 40er Doppel-Weber • Kühlung: Porsche-Gebläse • Leistung: ca. 86 kW/ 117 PS • Schmierung: BAS-Ölpumpe

•    Kupplung/Schwungscheibe: VW Porsche 914 • Getriebe: AT verlängert •    Vorderachse: Puma, 80 mm Tieferlegung • Hinterachse: Schräglenker, Drehstäbe umgesetzt, 80 mm Tieferlegung •Bremse vorn/hinten: Ker-scher-Scheiben rundum • Dämpfer vorn/hinten: Koni gelb • Spurverbreiterung vorn/hinten: 34 mm pro Achse • Räder vorn: Fuchs 6Jx 15 ET 41  • Räder hinten: Fuchs 7J x 15 ET 42  • Bereifung vorn: Dunlop Sport 2000195/50 R15 • Bereifung hinten: Dunlop Sport 2000 195/55 R15 • Lenkrad: Momo • Radio: Clarion DRX 9175 R • Verstärker: Blaupunkt NPA 400 • Boxen: Canton Pullmann 2-16 * Subwoofer: Rodek RW10 BX • Sonstiges: modifizierter Käfer-Tacho (VDO), Gene-Berg-Schalthebel, Recaro-Sitze, elektrische Fensterheber, einteilige Seitenscheiben, Color-Verglasung, Zusatzarmaturen hinterm Lautsprecher versteckt, Gebläse-Kohlefaserverkleidung, Zierleisten entfernt, Rossi-Light-Scheinwerfer, Hauben-I griffe entfernt, Alu-Trittbretter, geänderte Lenksäule und Mantelrohr; angestellte Motorhaube

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