sollte man wenigstens trainiert und vorbereitet sein. Das haben sich allein im letzten Jahr über 100000 Autofahrer gesagt und bei einem Fahrsicherheitstraining von Automobilclubs, Verkehrswacht oder Autoherstellern mitgemacht.
Wir waren jetzt auch mal mit dabei.
Freitags ist es am schlimmsten“, sagt Polizeiobermeister Jürgen Beier, „da spielen sie alle verrückt.“ Seit zwölf Jahren ist er schon bei der Verkehrsstaffel Nord, und die Statistik zeigt immer wieder das gleiche Bild: Am letzten Arbeitstag der Woche, zwischen 16 und 17 Uhr, spitzt sich das Verkehrsdrama zu. An keinem anderen Tag kracht es häufiger auf Deutschlands Straßen, zu keiner anderen Uhrzeit gibt es mehr Personenschäden zu beklagen.
Beier: „Der Streß der Woche ist noch nicht abgestreift, die Gedanken sind schon im Wochenende.“ Zum reinen Glücksspiel wird der Verkehr, wenn in solchen Situationen auch noch Unvorhergesehenes passiert. Wenn ein Kind zwischen parkenden Autos hervorspringt, Aquaplaning auf der Fahrbahn auftritt: „Spätestens dann zeigt sich, daß die meisten ihre Fahrkünste und ihr Reaktionsvermögen total überschätzen“, klagt Beier. Typische Situation: Tempo 80, Regen, plötzlich taucht aus dem Wasserschleier ein Hindernis auf, 20 Meter noch -Vollbremsung. Reifen schmieren über den Asphalt, der Wagen schleudert, wir müssen auswei-chen. Rechts?
Links? Ein rotweißer Gegenstand fliegt über die Motorhaube und kracht gegen die Frontscheibe.
„Das war wohl nichts“, sagt Günther Siemers. Zum Glück spielt diese Szene nur auf dem Übungsparcour eines Automobilclubs. Siemers ist Fahrsicherheitstrainer. Eine Stunde lang hatte er uns im Seminarraum die Grundlagen der Fahrphysik erklärt. 13 Teilnehmer sind wir, jeder mit anderen Motiven: Einer ist 19 Jahre alt, seinen Führerschein hat er seit einem Jahr. Hier will er üben, um nach seinen Erfahrungen im Straßenverkehr auch für gefährliche Situationen gewappnet zu sein. Ein anderer hat sich gerade einen neuen Mercedes gekauft, jetzt will er sehen, wie er mit ABS zurechtkommt.
Eine Frau erzählt, wie sie vor einem halben Jahr in einen Unfall verwickelt war. „Ich bin sieher, daß ich das hätte vermeiden können“, sagt sie, „wenn ich mich im entscheidenden Augenblick nicht so hilflos gefühlt hätte.“
„Mit dem Schleudertraining der siebziger Jahre hat unser heutiges Fahrsicherheitstraining nichts mehr zu tun“, erklärt Siemers, „wir wollen zunächst dem Fahrer seine persönlichen Grenzen und die seines Fahrzeuges aufzeigen, das bietet für die meisten schon Überraschungen genug.“ Ein weiteres Ziel: Das Auge des Fahrers soll für Gefahrensituationen geschult werden. Moderne Autos bieten zwar etliches an aktiver und passiver Sicherheit (Fahrwerktechnik, ABS, Airbag, Seitenaufprallschutz), doch diese Sicherheit ist eben oft auch verführerisch.
Das modernste Fahrsicherheitszentrum Europas steht am Nürburgring. Auf 50 000 Quadratmetern können hier Führerscheininhaber aller Klassen auf einer computergesteuerten Anlage lernen, mit den Alltagsgefahren im Verkehr besser zurechtzukommen. Da erscheinen Hindernisse auf einer künstlich vereisten Fahrbahn, Aquaplaning in einem Wasserbecken läßt Reifen aufschwimmen, oder eine Schleuderplatte reißt in Sekundenbruchteilen die Hinterräder zur Seite. Aufregend, abenteuerlich – aber eben auch lehrreich. Die Preise für einen Tageskurs liegen zwischen 80 und 130 Mark – keine Frage, daß dieses Geld gut angelegt ist. Was hatte Polizeiobermeister Beier gesagt: „Sicherheit darf keine Glückssache sein.“ Da hat er wohl recht.